Erderwärmung: Globaler Wandel mit regionalen Konsequenzen
Der Klimawandel ist für die deutschen Kommunen schon heute Realität. Extreme Wetterereignisse und Veränderungen erfordern von den Behörden eine vorausschauende Planung und die Vorbereitung auf den Notfall.
Im Jahr 2022 verzeichnete Deutschland nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes den sonnenscheinreichsten, drittwärmsten und fünft-trockensten Sommer in den Aufzeichnungen. Regelmäßige Hitzewellen, Dürren, Starkregen, Stürme und Überschwemmungen sind sichtbare Zeichen der Erderwärmung und hinterlassen in deutschen Städten und Gemeinden bereits ihre Spuren. Die Wetterextreme verursachen regelmäßig erhebliche Schäden an Infrastruktur und Eigentum.
Dabei macht sich der Klimawandel regional unterschiedlich bemerkbar. So zeigen dem Bundesumweltamt zufolge die Normalwerte des Jahresniederschlags, dass es Regionen mit deutlich unter 500 mm und solche mit deutlich über 1.000 mm gibt. Die Landesteile mit den niedrigen Niederschlägen liegen vor allem im Osten und Nordosten Deutschlands. Regionen im Westen und Süden Deutschlands haben tendenziell höhere Niederschläge. Doch auch hier gibt es regionale Unterschiede wie das eher trockene Nordbayern und der niederschlagsreichere Süden. Hitzewellen treten allerdings überregional auf und führten 2022 europaweit zu neuen Temperaturrekorden. Diese Trockenheit hat Fluss- und Grundwasserpegel sinken lassen – mit direkten Auswirkungen auf die Wasserverfügbarkeit in den Kommunen. Die immer häufiger auftretenden Starkregenereignisse treffen dann auf trockene Böden mit schlechtem Wasseraufnahmevermögen. Die Folge sind Sturzfluten mit enormem Zerstörungspotenzial, wie das schockierende Beispiel im Ahrtal zeigt. Neben verstärkten Klimaschutzanstrengungen sind daher zukünftig effizientere Maßnahmen der Klimafolgenanpassung notwendig.
Gewappnet für den Notfall
In den Plänen sind es vor allem Starkregen und Überschwemmungen, die bei den Klimaanpassungen ganz oben auf den Agenden der Kommunen stehen sollten. Mögliche Maßnahmen beginnen bei der Aufklärung der Bevölkerung und einem naturnahen Regenwassermanagement und reichen bis zum Katastrophenschutz. Die Stadt Köln hat mit ihrem Wasser-Risikocheck einen Leitfaden für Einwohner entwickelt, der bei der Einschätzung der individuellen Gefährdungslagen Unterstützung bietet. Mit dem Online-Angebot können sich die Einwohner zudem über passende Schutzmaßnahmen informieren. Es richtet sich insbesondere an Eigentümer oder Mieter, die im Bestand wohnen oder neu bauen wollen. Angebote wie diese zeigen ein Bewusstsein der Verantwortlichen für dieses immer drängendere Problem und fördern den konstruktiven Austausch mit der Bevölkerung.
Wie wichtig darüber hinaus aktive Schutzmaßnahmen sind, ist spätestens seit den verheerenden Hochwasserereignissen im Ahrtal im Jahr 2021 offensichtlich. Deshalb hat der Landkreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz eine umfangreiche Klimaanpassungsstrategie entwickelt, die sowohl den Katastrophenschutz als auch den Wiederaufbau der betroffenen Region umfasst. Geplant sind Hochwasserdämme und Regenrückhaltebecken. Die Planungen könnten auch für andere Städte und Gemeinden als Vorbild für die Prävention ähnlicher Ereignisse dienen. Seit der Katastrophe im Ahrtal wird auch der Aufbau von effektiven Frühwarnsystemen vorangetrieben. Moderne Technologien eröffnen hier durch die Installation von Sensoren, die Überwachung von Wetterdaten und die rechtzeitige Weitergabe von Warnungen an die Bevölkerung ganz neue Möglichkeiten. So haben sich zum Beispiel acht benachbarte Kommunen im baden-württembergischen Alb-Donau-Kreis sowie dem Landkreis Biberach zusammengeschlossen, um ihre Gewässer besser zu überwachen. Ultraschallsensoren messen hier rund um die Uhr und übermitteln die Pegelstände in Echtzeit. Im Notfall alarmiert das System den zuständigen Rathausmitarbeiter.
Damit die Wahrscheinlichkeit von Überflutungsereignissen verringert wird, ist es selbstverständlich, die Erhaltung und Pflege des Grundwassers und der Oberflächengewässer entsprechend den Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes und der Wasserrahmenrichtlinie einzuhalten. Ein dezentrales Wassermanagement sollte zugleich die Anforderungen des Klimawandels und des Naturschutzes aufgreifen. Denn die Natur und eine grüne Infrastruktur sind die wichtigsten Verbündeten im Klimafolgenmanagement. Die Wiedervernässung von Mooren und Renaturierungsprojekte sind eine Möglichkeit, gleich mehrere Nachhaltigkeitsziele relativ kostengünstig umzusetzen. Wiesen und Feuchtbiotope dienen nicht nur als CO2-Senke. Als naturnahe Wasserspeicher verringern sie die Gefahr von lokalen Überflutungen und sichern die Wasserversorgung. Auch kleine Flächen können hier schon Wirkung zeigen.
Doch auch die zunehmende Hitze erfordert sinnvolle Vorbereitungsmaßnahmen. Wie der Deutsche Städte- und Gemeindebund in einem Positionspapier betont, werden kommunale Hitzeaktionspläne angesichts der sich verändernden klimatischen Bedingungen immer wichtiger. Diese Pläne sind nach den Worten des Verbands ein wirksames Instrument, um Menschen und Strukturen auf extreme Hitzeereignisse vorzubereiten und auf diese zu reagieren. Besondere Priorität hat dabei der Schutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen wie Senioren, Kranke und Kinder, beispielsweise durch Einrichtung von Kühlungsräumen und Beschattungsmöglichkeiten. Sofern noch nicht vorhanden, sollten Hitzepläne besonders betroffene Einrichtungen wie Krankenhäuser und Behinderten- sowie Alten- und Pflegeeinrichtungen mit einbeziehen. Hier hat sich unter anderem die Gemeinde Burbach in NRW hervorgetan. Da vor allem ältere Menschen an Hitzetagen leiden und gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind, haben die Verantwortlichen in Zusammenarbeit mit der Senioren-Service-Stelle eine Broschüre mit Verhaltenstipps bei Hitze und mit Ansprechpartner für diese Zielgruppe herausgebracht. Die Stadt Karlsruhe wiederum hat einen interaktiven Stadtplan für heiße Tage veröffentlicht. Er zeigt Orte im Stadtgebiet, die Abkühlung versprechen, z. B. Brunnen, Wasserspiele und Grünflächen.
Die Natur als Verbündete
Die grüne Infrastruktur – bestehend aus Grünflächen, Parks und Bäumen – leidet besonders unter trockenen Sommern. Gleichzeitig ist sie ein effektives Mittel, um das Mikroklima positiv zu beeinflussen. Sie verbessert die Luftqualität, reduziert die Umgebungstemperatur und bietet Schatten. Mit dem Bau zusätzlicher Grünflächen haben Kommunen durch die Entsiegelung des Bodens, der Einrichtung von Freiluftschneisen und der Vermeidung von Hitzeinseln ein hilfreiches Instrument, um sich auf heiße Sommer vorzubereiten. Wo das nicht funktioniert, können Behörden mit der Begrünung ihrer Dächer mit gutem Beispiel vorangehen. Maßnahmen wie diese senken nicht nur die Umgebungstemperatur bei Hitzewellen, sondern verbessern auch das Wasserrückhaltevermögen bei Starkregen. Als erste deutsche Großstadt hat beispielsweise Hamburg eine umfassende Gründachstrategie entwickelt. Ziel ist es, mindestens 70 Prozent bzw. 100 Hektar sowohl der Neubauten als auch der geeigneten zu sanierenden, flachen oder flach geneigten Dächer zu begrünen. Bis 2024 unterstützt die Stadt das Projekt mit 3,5 Millionen Euro. Zudem zeichnet die Stadt vorbildliche Bauprojekte im Rahmen des Hamburger Preis für Grüne Bauten aus und setzt damit einen Anreiz für Nachahmer.
Auch im Modellprojekt Leipziger BlauGrün sammeln Forscher gerade wichtige Daten, die für andere Städte als Leitfaden dienen können. Untersucht wird, wie sich eine Stadt oder ein Stadtquartier mit sogenannter blau-grüner Infrastruktur, also Wasser- und Vegetationsmanagement, besser vor Überhitzung, Trockenheit und Extremwetterereignissen schützen kann. Die Ergebnisse sollen bundesweit und auch international zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen. Dieses Beispiel zeigt, dass die Zusammenarbeit mit Forschung und die Förderung von Innovationen vor Ort wichtige Grundlagen für die Zukunft mit dem Klimawandel schaffen. Neben Universitäten und Forschungseinrichtungen sind es auch die vielen lokalen Unternehmen, Start-ups und Vereine, die ihr Fachwissen und Engagement mit einbringen können. Fehlt das Wissen vor Ort, können Kommunen sich mit anderen zusammenschließen und gemeinsam Lösungen für Klimaschutzmaßnahmen ergreifen. Im von der Bundesregierung aufgelegten „Sofortprogramm Klimaanpassung“ gibt es weitere Beratungsangebote zur Entwicklung und Umsetzung von Aktionsplänen. 60 Millionen Euro und Fachleute sollten die Kommunen dabei unterstützen, sich besser für Extremwetter und Hitzeperioden zu wappnen.
Den Erfahrungsaustausch mit anderen Städten und Gemeinden sowie mit Experten im Bereich der Klimafolgenanpassung können Entscheidungsträger erneut auf der KOMMUNALE in Nürnberg suchen. Hier werden der Klimawandel, seine Folgen und vielversprechende Strategien einen prominenten Platz im Rahmenprogramm und an den Ständen haben.